Von Steuerberater Peter Diederich
Immer häufiger erhalten wir Anfragen von Mandanten, die ihre Immobilien in Immobiliengesellschaften einbringen wollen, einen günstigeren Steuersatz zur laufenden Steuer erzielen möchten und so genannte „share-deals“ abschließen möchten. Meistens stellt sich heraus, dass der Immobilienbestand zu gering, der Verwaltungsaufwand zu hoch und die Steuerentlastung doch nicht so bedeutend sein werden. Darüber hinaus droht die Versteuerung der so genannten stillen Reserven, mit anderen Worten: der Steuervorteil einer steuerfreien Veräußerung der Immobilie wird durch den günstigen Steuersatz einkassiert.
Das Urteil, der Fall
Das Oberlandesgericht Hamm hatte mit Urteil des 15.09.2021 (Az 11 U 5/21) jüngst einen ähnlichen Fall zu entscheiden. Zwei Gesellschafter schlossen sich zusammen und gründeten eine Immobilien-GmbH. Die Immobilien-GmbH kaufte mit Notarvertrag des 11.01.2016 ein Grundstück. Mit Datum des 29.03.2016 beurkundete der amtliche Vertreter des Notars einen Anteilsübertragungsvertrag der gleichen GmbH, mit der einer der beiden Gesellschafter den anderen aus der GmbH „herauskaufte“ und fortan einziger Gesellschafter war.
Steuerhinterziehung droht
Böse Folge des Geschäfts: Es ist zweimal Grunderwerbsteuer angefallen. Einmal bei der Beurkundung des Kaufs am 11.01.2016 und ein zweites Mal bei der Anteilsübertragung am 29.03.2016. Mithin zweimal 81.250 €, bei einem Steuersatz von 6,5% betrug der Kaufpreis der Immobilie somit 1.250.000 €. Böse weitere Folge: Das Finanzamt leitete ein Steuerstrafverfahren gegen den Steuerpflichtigen ein, da dieser den Anteilserwerb nicht beim Finanzamt anzeigte, wozu der Steuerpflichtige nach § 19 Grunderwerbsteuergesetz verpflichtet gewesen wäre.
Schadensersatz des Notars?
Der Steuerpflichtige stellte sich dumm und wollte Schadensersatz beim Notariat einklagen. Der Notar hat – wie es in Notarverträgen üblich ist - darauf verwiesen, dass er keine steuerliche Beratung übernimmt, der Steuerpflichtige bzw. Vertragspartner sich demnach selber steuerlichen Rat einholen müsse. Der Steuerpflichtige hatte auch einen Vertragsentwurf vor Beurkundung erhalten. Zwar hatte der Notarvertreter während der Beurkundung mit einem befreundeten steuerlichen Berater bzw. dem eigenen Bürovorsteher gesprochen, deren Auskünfte darauf hinausliefen, das nur einmal Grunderwerbsteuer entstehen würde.
Vertragsabschluss zählt zur Grunderwerbsteuer, Umschreibung irrelevant
Dieser Auskunft lag aber die irrige Ansicht zugrunde, dass die Grunderwerbsteuer erst mit der dinglichen Eigentumsübertragung, also mit der Umschreibung im Grundbuch entstehen würde. Somit war im Vertrag zur Anteilsübernahme des 29.03.2016 angegeben, die Gesellschaft verfüge über keinen Grundbesitz, was aber nicht stimmte. Denn die Gesellschaft hatte sogar im gleichen Notariat, nur nicht beim Amtsvertreter, im Januar das Grundstück erworben, die Grundbucheintragung fehlte aber noch.
Fehlende oder falsche Angaben im Notarvertrag entbinden den Vertragspartner nicht von seinen Anzeigepflichten
Zwar enthielt der Notarvertrag falsche Angaben, und die Auskunft während des Notartermins war steuerlich falsch. Den Notar trifft allerdings keine steuerliche Beratungspflicht, darauf wies der Notar durch Übergabe und Angabe im Notarvertrag ausdrücklich hin. Jedenfalls hätte der Steuerpflichtige auf einen richtigen Vertrag vertrauen dürfen. Allerdings die Anzeigepflicht gegenüber dem Finanzamt trifft neben dem Notar, der in diesem Falle keine Anzeige erstattete, auch und besonders den Steuerpflichtigen. Der jedoch machte keine Anzeige und wurde dadurch straffällig.
Fazit
Niemand kann einem die eigenen steuerlichen Pflichten abnehmen, nicht einmal ein Notar oder Steuerberater. Der Notar berät in der Regel nicht steuerlich, jedenfalls, wenn er darauf hinweist. Steuerpflichtige Vorgänge müssen vom Steuerpflichtigen selbst beim Finanzamt angezeigt werden. Grunderwerbsteuern entstehen immer unmittelbar beim Verpflichtungsgeschäft, also beim Abschluss des Kaufvertrages, nicht erst bei der Umschreibung. Und Immobilien in Gesellschaften drohen steuerlich kompliziert zu werden, wenn etwa ein günstigerer Steuersatz erreicht werden sollte oder aber die Gesellschafterstruktur verändert wird. Das Finanzamt wird Grundstücksgeschäfte aus diesen Gründen zukünftig immer bevorzugt unter die Lupe nehmen. Nicht zuletzt wurde die Anteilsvereinigungsquote vor kurzem von 95 % auf 90 % herabgesetzt.
Erweiterte Gewerbesteuerkürzung nur bei ausschließlicher Grundstücksverwaltung
Zu guter Letzt sei noch darauf hingewiesen, dass die Gewerbesteuerbefreiung – also die so genannte erweiterte Kürzung der Pachterträge von der Gewerbesteuer – nur dann entsteht, wenn im gesamten Erhebungszeitraum, also in der Regel im gesamten Kalenderjahr ausschließlich Grundstücksverwaltung ausgeübt wird. Wird diese Tätigkeit erst im Laufe des Kalenderjahres begonnen, fällt die Befreiung leider aus und gilt erst ab dem nächsten Jahr, siehe BFH, Beschluss des 27.10.2021 – III R 7/19.
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